Yvette Sánchez eröffnete das Forum mit Gedanken zu kulturellen und sozio-ökomischen Spezfika Paraguays. So strich sie den Status der Guaraní-Kultur und den relativ tiefen Urbanisierungsgrad des Binnenlandes hervor. Sie zeigte sich zudem erfreut, an diesem Forum Vertreter beider politischer Parteien begrüssen zu dürfen – trotz der stark wahrnehmbaren Polarisierung im Land. Die abtretende paraguayische Botschafterin in Bern, Liliane Lebron de Wenger, hob in ihrer Grussbotschaft die politische Stabilität ihres Landes hervor und zeigte einige eher unbekannte Verbindungen zwischen der Schweiz und Paraguay auf. So erinnerte sie daran, dass mit Eduardo Schaerer ein Nachkomme von Schweizern das Präsidentenamt innehatte.
Ein erstes Panel (moderiert durch den HSG Studenten Felix Hotz) befasste sich mit wirtschaftlichen Aspekten und Paraguay als Unternehmensstandort. Für Janice Gill von der schweizerisch-paraguayischen Handelskammer kann Paraguay mit einem freundlichen Geschäftsumfeld und moderater Steuerlast punkten. Derweil unterstrich die Steueranwältin María Sol Martínez das stabile makroökonomische Umfeld und die steigenden Anforderungen in den Bereichen Governance und und im Monitoring von Finanztransaktionen. Als Herausforderung nennt sie den notorisch hohen «Corruption Perception Index». Pablo Dennis von der schweizerisch-uruguayischen Handelskammer ortet, seinerseits, Wettbewerbsvorteile aufgrund tiefer Energiepreise. Auch das s.g. Maquila-Regime, das in- und ausländische Investoren weitgehend von Steuern befreit, macht Paraguay zu einem attraktiven Industriestandort, insbesondere mit Blick auf die Absatzmärkte im Mercosur. Björn Schmidtke, Gründer von Penguin, einer «digital agency» in den Bereichen Web Development und künstliche Intelligenz, hat mit Penguin Academy eine Niederlassung in Paraguay eröffnet. Er sieht ein grosses Potential für Tech-Jobs und will mit einem High-Tech-Park zur Bildung eines Clusters mit hoher Wertschöpfung beitragen. Einen gewissen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung sieht Ygor Lutz, Mitbegründer von Travizory. Die Einführung eines «border management systems» könnte seiner Meinung nach die Sicherheit und den Komfort der Reisenden erhöhen und somit zur Attraktivität Paraguays als Tourismusdestination beitragen. Enge und langjährige Geschäftsbeziehungen zu Paraguay unterhält Nicolò Rieben, Head der Zucker-Division von Pronatec. Er schätzt die politische Stabilität Paraguays, das sich zu einem Weltleader in biologischer Zuckerproduktion gemausert hat. Javier Texido, VP Operations für Americas bei Nestlé, hebt die steuerliche Attraktivität und makroökonomische Stabilität des Landes hervor. Als wichtiger Player im Nahrungsmittelbusiness betreibt Nestlé in Paraguay ein überregionales Servicecenter, aber im Moment noch keine Produktionsstätten.
Die durch Fabian Müller moderierte weite Sektion des Forums beschäftigte sich mit den Themen Umwelt und Kunst. Dabei wies Ursula Regehr, Kuratorin des Museums für Kulturen in Basel, auf die Umwelttragödie im Chaco hin, wo täglich 1000 Hektaren Waldflächen abgeholzt würden. In diesem Zusammenhang zeigte sie auf, wie indigene Kunstschaffende die Veränderungen in ihrer Umwelt behandeln. Die international tätige Künstlerin Adriana González Brun unterstrich derweil das Selbstbewusstsein und die starke Zugehörigkeitsgefühl Paraguays, wobei sie darauf hinwies, dass sich die lokalen Künstlerinnen und Künstler noch verstärkt vernetzen müssten, um sich auch international Gehör zu verschaffen.
Im dritten (durch HSG Alumnus Santo Marco Panciotto moderierten) Teil des Forums ging es um Politik und Gesellschaft. Martín Burt, Direktor der Funcación Paraguaya, Sozialunternehmer und ehemaliger Bürgermeister von Asunción, attestierte der noch jungen paraguayischen Demokratie eine gewisse Reife und Konsensfähigkeit. Das Land habe sich auch mit Blick auf die Produktionsmethoden modernisiert, etwa in der Landwirtschaft. Wenn in bestimmten Bereichen doch ein gewisser Aufholbedarf weiterbestünde, dann aufgrund langjähriger struktureller Nachteile. Zu viele Paraguayer blieben in wertschöpfungsschwachen Sektoren tätig. Burt stellt eine von ihm entwickelte, viel beachtete Entscheidungshilfe für Familien vor, die sog. «Ampel», die den Ausstieg aus der Armut unterstützen soll. Santiago Peña, ehemaliger Finanzminister und Direktor von Banco Basa, unterstrich derweil, dass Investitionen in die Bildung und das Gesundheitswesen zu den Schlüsselfaktoren gehörten, um Paraguays Rückstand wettzumachen und den informellen Wirtschaftszweigen Herr zu werden. HSG-Doktorandin Élida Villalba schloss den Reigen, indem sie einige Chancen und Herausforderungen in Paraguays Wasserversorgung vorstellte. Demnach verfügt ein substanzieller Teil der Bevölkerung über keinen Zugang zu fliessendem Wasser, obwohl Paraguay über sehr hohe Pro-Kopf-Süsswasserreserven verfüge.
Das mittlerweile traditionelle Fazit von Philippe Nell, ehemaliger Verantwortlicher für den amerikanischen Kontinent im Staatssekretaritat für Wirtschaft (SECO), war auch dieses Jahr weit mehr als eine schiere Zusammenfassung der Beiträge. So wurden nebst dem Covid-Krisenmanagement und dem Impffortschritt auch die in ganz Lateinamerika dringend nötige gesellschaftliche Inklusion, sozusagen en passant, mit behandelt.