Eating Healthily

25.04.2016

Im Rahmen einer im Entstehen begriffenen brasilianisch-schweizerischen Forschungskooperation unter der Leitung der bekannten Sozialanthropologin Prof. Lívia Barbosa aus Rio de Janeiro und dem CLS-HSG über gesunde Ernährung in beiden Ländern fand ein erstes Symposium an der HSG statt.

Aus unterschiedlichen disziplinären Blickwinkeln (Anthropologie, Soziologie, Kulturwissenschaften, Management, Geschichte, Politologie und Ernährungswissenschaften) werden wechselnde Verhaltensweisen und Konsummuster sowie aktuelle Trends gesunder, ökologisch nachhaltiger und verantwortungsbewusster Ernährung in der Schweiz und in Brasilien komparativ betrachtet. Neben der führenden Rolle der Schweiz in diesem Bereich, ist auch das urbanisierte (85%) Schwellenland Brasilien mittlerweile im Begriff, Teil des grossen Gesundheits- und Wellnessmarkts zu werden. Die Zubereitung und Aufnahme von Nahrung als äusserst kultur-sensitives Sozialkapital ist gesellschaftlich höchst bedeutsam und medial omnipräsent.
Bereits Plato erwähnte mit der Einrichtung des Symposium-Begriffs, dass die Ernährung eine wichtige Rolle für das philosophische Denken spielt. Die verschiedenen Vorträge zeichneten sich vor allem durch eine interdisziplinäre Perspektive und ein out-of-the-box Denken aus. Yvette Sánchez (Universität St.Gallen) verglich weiter die Essgewohnheiten in der Schweiz und Brasilien als Schnittstelle zwischen Kultur und Leben mit tiefgründiger Symbolik und geballtem Lebenswissen. Sie unterstrich eine Serie paradoxer Haltungen: Essgewohnheiten gesunder Menschen seien häufig irrational, und übergewichtige Menschen können wiederum ihr Essen nicht geniessen.
Lívia Barbosa schilderte verschiedene brasilianische Narrative zum Thema der gesunden Ernährung als sozialem Konstrukt und der sog. Gastronomisierung des Alltags. Sie unterscheidet vier verschiedene Diskurstypen des gesunden Essens: funktional/medizinisch (Essen als Therapie), politisch/ethisch (soziale Bewegungen, Akt der Menschlichkeit), spirituell (Essen als Botschafter des Kosmos, Körper als Tempel) und populär (schlanke Körper und Modeprodukte, z.B. in Brasilien gegenwärtig Maniok). Individuelle Essensmuster verbinden die vier Bereiche oft in einem Patchwork. Der öffentliche Diskurs über gesunde Ernährung ist selbst ausserhalb der begüterten Klasse (biologisches kostet zwischen 100 und 150% mehr in Brasilien als konventionelles Essen) ein wichtiges Thema geworden.

Thomas Rudolph und Melanie Basset konzentrierten sich in ihrem Vortrag auf das zunehmende Übergewicht der Schweizer Bevölkerung und stellten ein neues digitales Armbandgerät vor, welches das Problem angehen soll. Klazine van der Horst forscht bei Nestlé und präsentierte eine vereinfachte elektronische Methode, um Essgewohnheiten von Kindern mittels Bildern festzuhalten. Pedro Marques-Vidals Referat stellte die Übergewichtigkeit in Bezug zum sozioökonomischen und geographischen Status (am Beispielfall von Quartieren in Lausanne).

Tanja Schneider präsentierte drei Fallstudien zu Organisationen, die nachhaltigere oder gesündere Ernährung durch Online-Tools propagieren: buycott, foodwaste und eine wiki-basierte Online-Konsumentenschutz-Gemeinschaft. Peter Brauns Vortrag unterschied Nuancen der gesunden Ernährung, etwa in menschlichen, wirtschaftlichen, globalen oder ökologischen Modellen. Thomas Brunners experimentelle Studie schilderte, wie unser Essverhalten durch visuelle Eindrücke, wie z. B. durch den Anblick von Kunstwerken, beeinflusst werden kann.

Dr. Vanessa Boanada Fuchs (Universität St.Gallen) analysierte die Auswirkungen des Bau eines Staudamms im Amazonas auf die Essgewohnheiten der indigenen Bewohner am Fluss. Emerson Ferreira Queiroz präsentierte das enorme Potenzial der brasilianischen Biodiversität in pharmazeutischen Anwendungen. Jérémie Forney behandelte die Wichtigkeit des regionalen Labels in der Schweizer Käseproduktion. Eberhard Wolff zeigte anhand von Filmexzerpten auf, wie das Konzept der Ernährung kulturell und sozial konstruiert wird. Zuletzt erklärte Frank Burose, wie das Kompetenznetzwerk Ernährungswirtschaft in Weinfelden Nahrungsmittelproduzenten in der Region informiert und vernetzt.

Die Doktorierenden Jonna Cohen, Dominik Möschig und Micaela Rosaenz referierten a) über das Empowerment einer Gruppe von US Latinas in Colorado mittels urbanem Gärtnern und dem gemeinschaftlichen Erlernen gesunder Essenzubereitungsmethoden; b) über die kolumbianische Kaffeeproduktion, die neue Modelle der Wertekette (zu lineal für die flexiblen, erratischen Prozesse), des Netzwerks und der Globalisierung benötigt; und c) in den Verbindungen zwischen Konsum und Bürgerschaft über den Beispielfall brasilianischer Barbecues in verschiedenen sozialen Umfeldern in Rio de Janeiro.

Präsentationen

Downloads

Fotogalerie

Yvette Sánchez
Lívia Barbosa
Livia Barbosa with audience
Victor de Souza Soares, Oliver Pellet Santos
Melanie Bassett, Thomas Rudolph
Audience and speakers, Thomas Brunner, Klazine van der Horst, Jérémie Forney, Tanja Schneider
Audience and Lívia Barbos
Klazine van der Horst
Pedro-Manuel Marques-Vidal
Victor de Souza Soares, Oliver Pellet Santos
Tanja Schneider
Bouquet of flowers and herbs
Lunch-buffet
Peter Braun
Thomas Brunner
Audience with several speakers
Vanessa Boanada Fuchs
Emerson Ferreira Queiroz
Jérémie Forney
Jérémie Forney with audience
Eberhard Wolff
Jonna Cohen
Dominik Mösching
Micaela Díaz Rosaenz with audience
Micaela Díaz Rosaenz
Frank Burose
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