16. Oktober 2014: Mabel Moraña, Professorin an der Universität Washington in St. Louis, hielt einen Vortrag über den Begriff der Transkulturierung in der lateinamerikanischen Kulturwissenschaft. Der Überblick zur Geschichte der Kulturwissenschaften, mit dem ihr Vortrag begann, gipfelte in der Frage nach deren Zukunft, die Mabel Moraña mit einer beeindruckenden Belesenheit erörtete. Das Jahr 2014 ist das dreissigjährige Jubiläum ihres Buches «Literatura y cultura nacional en Hispanoamérica», seit dessen Veröffentlichung Prof. Moraña die lateinamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft in den Mittelpunkt ihrer äusserst produktiven wissenschaftlichen Laufbahn gestellt hat, um beide aus unterschiedlichsten Ansätzen zu beleuchten. Durch ihre breite Gelehrsamkeit fundiert, rekapitulierte Prof. Moraña zunächst die grundlegenden Begriffe der lateinamerikanischen Kulturwissenschaft: Hybridität, Heterogenität und Transkulturierung. Anhand der ersten beiden unterzog Frau Moraña die Ausschlussmentalität und die Homogenitätsvorstellungen, welche bestimmte nationale Projekte kennzeichnen, einer kritischen Lektüre. Gegenüber Begriffen wie Interkulturatlität, Multikulturalität usw. erweise sich das Konzept der Transkulturierung allerdings als vorteilhaft, denn, ohne die Existenz homogener Kulturräume vorauszusetzen, unterstreiche es die ohnehin durch Porösität gekennzeichneten Beziehungen zwischen Kulturen. Angesichts der besonderen soziopolitischen Merkmale lateinamerikanischer Kulturen sowie des Bedeutungswandels von Grenzen in einer globalisierten Welt sei die Auffindung eines Untersuchungsrahmens, der diesen Faktoren Rechnung trägt, besonders schwierig. Mit dem Ausblick auf die Notwendigkeit eines Wechsels in der Terminologie und in den Paradigmen der Kulturtheorie stellte Mabel Moraña zuletzt die Reflexion über die Methoden und vor allem über den Nutzen dieser Theorien in den Mittelpunkt.